top of page
  • Autorenbildck

Aneinander Vorbei

In unregelmäßigem Rhythmus piept die Supermarktkasse, jedes Mal dann, wenn die junge Verkäuferin mit einer maschinenartigen Bewegung ein Produkt über den Scanner schwenkt. Mit jedem Piepen schwindet ein bisschen mehr ihre Motivation. Volle Einkaufswägen werden aus dem Supermarkt geschoben während ihnen leere, ratternde Wägen entgegenkommen, die noch füllen zu sind. Das kalte Neonlicht der unzähligen Leuchtstoffröhren erhellt den riesigen Raum sowie die tausenden Waren, die hier angeboten werden. Nicht zu übersehen sind die knallgelben Schilder, die den Leuten mit fetten schwarzen Lettern klar machen, was zu tun ist.

„ALLES MUSS RAUS!" wird einem mit befehlsartigem Unterton still von den Bannern entgegen geschrien. Noch immer piept die Supermarktkasse, unterbrochen von diesem unbeschreiblichen Geräusch, wenn der Kassenzettel gedruckt wird, welches mich im Nachhinein komischerweise an das Kratzen von Fingernägeln an der Tafel erinnert.

Ich sitze im Bäckerkaffee schräg gegenüber der Supermarktkasse und betrachte die Leute, die gehetzt und gelangweilt, zielstrebig und ziellos hinein und hinaus eilen und schlurfen, schieben und tragen. Kaum einer lächelt. Das neu gemachte Café könnte man fast schon als eine nach Brot duftende Oase bezeichnen in dieser trost- und geschmacklosen Umgebung. Ich sitze inzwischen allein hier, seit fast einer Stunde, und mache mir meine Gedanken, während mein Blick zwischen dem Eingang des Gebäudes (links von mir), der heißen Theke des Metzgers (auf 12 Uhr) und der Supermarktkasse (13 bis 15 Uhr) hin und her wandert. Im Hintergrund dudeln leise Radiomelodien, die man kennt, die es in einem anderen Ambiente vielleicht sogar zu so etwas wie einer billigen Form von Atmosphäre bringen könnten, hier jedoch von all den anderen Geräuschen übertönt werden und unbeachtet bleiben. Nur eine weitere Einzelheit der betäubenden Reizüberflutung. Kein Wunder, dass die Leute so ruhelos und abgestumpft durch die Gegend laufen.

Ein weiterer Mainstream Song ertönt, nachdem eine kühle Frauenstimme aus den Lautsprechern erklingt und die aktuellen Angebote aufzählt, die den hirnlosen Konsum noch attraktiver machen. Alles, Hauptsache billig.

Diese beiden Fotos habe ich in Madrid gemacht. Da sich unser Konsumverhalten zur heutigen Zeit problemlos auf die Nutzung internetfähiger mobiler Endgeräte (man könnte auch "Smartphones" sagen) übertragen lässt, erschienen sie mir passend.

Zunächst habe ich Streetart fotografiert, die meiner Meinung nach sehr treffend unsere krankhafte Abhängigkeit von diesen kleinen Dingern verdeutlicht.

Auf dem anderen Foto sind ein Mann und eine Frau zu sehen, wahrscheinlich ein Paar, die wortlos nebeneinander sitzen und in ihr Handy stieren, ohne den anderen auch nur im Geringsten zu beachten. Ich denke, den Zusammenhang zwischen den beiden Fotos muss ich nicht erläutern.

Aber ich befürchte, ich bin kaum besser.

58 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Cut

Cut

bottom of page