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Rummelkind

Vor Kurzem fand am Rand der Stadt das jährliche Volksfest, besser gesagt der Rummel, statt. Ich war noch fast nie zuvor richtig auf einem Rummel gewesen, also nahm ich mir vor, dem Volksfest dieses Jahr mal einen Besuch abzustatten...

Am frühen Abend eines sommerlichen Tages machen wir uns auf den Weg zu den Ständen, Wagen und Karussells am Rand der Stadt. Musik tönt von einem der riesigen Wagen, der bis zum Überquellen mit riesigen, grausam kitschigen Plüschtieren vollgestopft ist. Unzählige Kuscheltiere baumeln vom Vordach des Stands. Zwischendrin entdeckt man einige TV Bildschirme, die wohl den Hauptgewinn darstellen. Ein Mann macht mit gekünstelt ermutigender Stimme ununterbrochen Werbung für das Spiel und man fragt sich, wie oft er diese wenigen Sätze in seinem Alltag für immer das ähnliche Publikum zu immer der selben Hintergrundmusik dahersagen muss und wundert sich darüber, dass er immer noch versucht, gute Laune zu suggerieren.

Das Gelände ist klein, und somit ist auch der Rummel relativ überschaubar. Zwei große Gassen bilden die bunten, blinkenden und leuchtenden Stände, die auf den ersten Blick einladend wirken. Beim zweiten Hinsehen dämpfen die unspektakulären Preise, die es zu gewinnen gibt, aber eher das Interesse am Spiel. Es herrscht eine skurrile Atmosphäre in dieser kitschigen Umgebung. Man könnte sich auch auf dem zwielichtigen Schauplatz eines Krimis befinden. Sogar der obligatorische Strauß aus bunten, schrillen Luftballons ist anwesend und wiegt sich sanft und verräterisch sorglos im lauen Wind.

An einem der Essensstände kaufen wir uns mit Schokolade überzogene Obstspieße. Eine Köstlichkeit, die ich zum ersten Mal probiere und sehr lecker schmeckt. Später holen wir etwas Zuckerwatte, die ich auch zum ersten Mal probiere, und die mich trotz ihrer ungewohnt flauschig fluffigen Konsistenz und der übertriebenen Süße, die mir auf der Zunge zergeht, nicht ganz überzeugt. Dennoch grinse ich beim Probieren wie ein Honigkuchenpferd.

Fast so sweet wie ich.

Während wir zwischen den Ständen umher schlendern, wird es langsam dunkel. Das Riesenrad am anderen Ende ist jetzt beleuchtet und vollendet die typische Rummelkulisse. Wir gelangen ans Kettenkarussell und somit ans heimliche Ziel unseres Besuchs. Die laue Luft wird langsam kühl, es sind jetzt mehr Menschen zwischen den Ständen unterwegs. Die Zuckerwatte ist verspeist, also wird unser Plan in die Tat umgesetzt und Kettenkarussell gefahren - wohlgemerkt im Pärchensessel. Wie Kinder freuen wir uns, als wir gemächliche den Boden unter den Füßen verlieren und sich das Karussell sich anfängt zu drehen. Allmählich werden wir schneller und fühlen uns leichter, während wir im Kreis fahren, nein fliegen, das Geschehen auf dem Rummel von oben sehen und laut lachend mit den Beinen zappeln

Es ist so wunderbar einfach, glücklich zu sein.

Danach fühlt es sich kurz komisch an, wieder den festen Boden der Tatsachen unter den Füßen zu haben. Noch genießen wir die besondere Atmosphäre an diesem Ort, der lediglich erfunden und vergänglich ist. Die Nacht wird kühl und, obwohl wir noch nicht alle Stände und Spiele besucht haben, gehen wir bald wieder. Es ist auch als wir den Rummel verlassen als verließen wir eine kleine künstliche Parallelwelt,

Im Nachhinein bemerke ich, hinter wie viel Schein diese Veranstaltung steckt. Auch die Stände und Wagen haben lediglich leuchtende, einladende Fassaden, während die Besucher kaum ihre Rückseite wahrnehmen. Eine blinkende, hauptsächlich in rosa gestaltete Kinderwelt, die an Barbies, Bonbons und Einhörner erinnert. Eine Welt, die man für wenige Stunden betritt, in denen man einen Grund hat, kindisch zu sein. Man spielt Spiele, isst süße Naschereien und wird für eine kurze Weile sorglos, während man ohne Risiko Boxauto fährt, im Karussell durch die Luft saust oder sich in der Geisterbahn erschrecken lässt.

Vielleicht sehnen wir uns alle ein bisschen nach unserer Kindheit zurück.

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